Bei den Landtagswahlen in Bayern wird die bisherige Staatsregierung voraussichtlich für die nächsten fünf Jahre weitermachen. Sowohl CSU als auch Freie Wähler haben gute Ergebnisse erzielt und Ministerpräsident Söders Koalitionsaussage lässt darauf schließen. Allerdings hat die CSU trotzdem leichte Verluste hinnehmen müssen, was ihr schlechtestes Ergebnis seit 1950 bedeutet. Die Ampel-Koalition in Berlin wird häufig für die Verluste der Parteien verantwortlich gemacht, doch selbstverschuldete Probleme und Versagensstrategien spielen eine größere Rolle. Die AfD hat mit 14,6 Prozent den größten Zuwachs erzielt, aber wegen ihres rechtsextremen Flügels um Björn Höcke ist sie für viele nicht wählbar. Das Wahlergebnis für SPD und FDP hingegen ist desaströs.
Montag, 9. Oktober 2023
Die neue Staatsregierung in Bayern wird wahrscheinlich für die nächsten fünf Jahre die bisherige sein. Das Wahlergebnis für CSU und Freie Wähler und die Koalitionsaussage von Ministerpräsident Söder im Vorfeld lassen keinen anderen Schluss zu. Also alles beim Alten – oder doch nicht? Bei der Analyse hat das Gesamtergebnis für alle Parteien dieser Wahl Aussagekraft und darf interpretiert werden.
Ein Kommentar von Norbert Kolz
Ministerpräsident Söder sieht im Wahlergebnis der CSU eine klare Bestätigung für die Partei, sowie für ihn persönlich. Dabei ignoriert der CSU-Chef die leichten Verluste, die dazu führen, dass die bayerische Staatspartei das schlechteste Ergebnis seit 1950 einfährt. Auch wenn die CSU seit 65 Jahren den Regierungschef stellt, bedeutet dies auch, dass die Partei in Teilen für den katastrophalen Abstieg verantwortlich ist.
Und damit sind wir schon bei einem Punkt, der sich auch bei den anderen Parteien gestern Abend in den ersten Stellungnahmen zeigte. Wesentlich schuld an den Verlusten sei die Ampel in Berlin. Sicher spielte die Bundespolitik bei dieser Wahl in Bayern eine Rolle, aber nicht die Hauptrolle. Es sind selbstgemachte Probleme und Versagensstrategien, die dazu geführt haben. Ausbau von Windkraft und Stromtrassen sind nur zwei Beispiele für stark vernachlässigte Themen. Dass die Freien Wähler einen Gewinn von 11,6 Prozent im Jahr 2018 auf jetzt aktuell 15,8 Prozent für sich reklamieren können, und dass das an einem menschenverachtenden Flugblatt liegt, ist weder für die Partei, noch für die Staatsregierung und schon gar nicht für die Demokratie gut. Und damit zur AfD, die mit 14,6 Prozent am stärksten zulegt und somit Wahlgewinner des Abends ist.
Und hier sind wir bei einem zweiten auffälligen Punkt der gestrigen Kommentierung in den Parteien. Der penetrante und gebetsmühlenartige Verweis auf die verfassungsfeindliche und undemokratische Partei gilt erstens nicht für die gesamte Partei, aber sehr wohl für Teile davon, siehe Höcke und Co. Auch die Tatsache, dass die AfD in Bayern vom Verfassungsschutz beobachtet wird, ist letzten Endes zunächst nur eine Entscheidung einer Behörde. Eine wirklich aussagekräftige Entscheidung wäre eine des Verfassungsgerichts. Entscheidend ist, dass die AfD, wie auch Robin Alexander, stellv. Chefredakteur der „Welt“, gestern Abend bei Anne Will sagte, eine demokratisch gewählte Partei ist und dies zunächst einmal akzeptiert werden muss.
Zur Klarstellung: Auch für mich ist die AfD im Moment nicht wählbar, da der rechtsextreme Flügel um Björn Höcke noch zu einflussreich ist. Dieser Teil der AfD ist mit der Demokratie absolut nicht vereinbar. Was jetzt allerdings abläuft, ist eine arrogante Ignoranz gegenüber den anständigen Mitgliedern der AfD, sowie den überwiegend demokratischen Wählern, die gestern in Bayern die AfD gewählt haben. Und wer gestern bei ARD und ZDF die Schaubilder mit den Wählerwanderungen zugunsten der AfD angeschaut hat, konnte erkennen, dass es viele Stimmen von den sogenannten Volksparteien für die AfD gab. Abschließend zur SPD und FDP: Das Wahlergebnis ist für beide Parteien desaströs und bedarf keiner weiteren Kommentierung, da sie dies selbst zu verantworten haben. Für die Demokratie in Bayern ist das jedoch kein gutes Ergebnis.